Holzwurm Nr. 60– Gesundes Waldbaden

Warum der Wald uns gut tut

Wann waren Sie das letzte Mal im Wald spazieren? Mit allen Sinnen in die Natur einzutauchen, den Wald bewusst auf sich einwirken lassen und den Alltag loslassen, ist nicht nur ein angenehmer Zeitvertreib, sondern soll auch gesund sein. Viele Studien kommen zum Schluss, «dass der Wald uns gut tut». Erfahren Sie in diesem Newsletter, warum ein bewusster Waldspaziergang in hektischen Zeiten besonders empfehlenswert ist.

Ihr Nik Stuber

Shinrin Yoku – Gesundes Waldbaden

Leise knacken Äste unter den Füssen, es duftet nach würzigem Harz. Grün und erdiges Braun in allen Schattierungen. Vogelgesang in der Nähe. Wer in einen Wald tritt, spürt es sofort: Die Ruhe, die in den Bäumen innewohnt. Die Atmung wird langsamer und tiefer, der Puls sinkt. Waldspaziergänge sind nicht nur entspannend. Wer die Natur mit allen Sinnen wahrnimmt und die Atmosphäre des Waldes bewusst auf sich wirken lässt, kann so die Heilkraft der Bäume nutzen – das ist kein Hokuspokus, sondern eine bewährte Stress-Management-Methode aus Japan.


«Shinrin Yoku» – So wird in Japan das bewusste Erleben des Waldes genannt. Im Deutschen nutzen wir dafür die Bezeichnung «Waldbaden». Vom Wort «baden» sollte man sich nicht irreführen lassen. «Waldbaden» hat nichts mit kühlem Nass zu tun und ist auch nicht gleichbedeutend mit Wandern oder einem Spaziergang mit dem Hund durch den Wald. Gemeint ist das Eintauchen mit allen Sinnen in die Stille und die Unberührtheit des Waldes. In Japan wird das Konzept seit 1980 nicht nur angewandt, sondern auch gefördert, erforscht und ist sogar Teil der nationalen Gesundheitsfürsorge.

Positiver Einfluss auf das Immunsystem
Dass der Wald einen positiven Einfluss auf unser Immunsystem hat, wird in vielen Studien beobachtet. Schon 1984 bemerkte der deutsche Gesundheitswissenschaftler Roger Ulrich, dass Patienten schneller gesunden und weniger Schmerzmittel benötigen, wenn sie von ihren Krankenlagern aus ins Grüne schauen können. Renate Cervinka, Umweltpsychologin an der Universität Wien, hat zusammen mit ihren Kollegen herausgefunden, dass der Wald die physische und psychische Gesundheit von Menschen stärkt. Bereits ab 5 Minuten schlägt das Herz messbar ruhiger, der Blutdruck sinkt und die Muskeln entspannen. Ein solcher Effekt tritt zwar auch bei anderen entspannenden Tätigkeiten auf, er ist aber am stärksten, wenn die Zeit im Grünen verbracht wird.

Der japanischen Professor Qing Li sieht dies in den Botenstoffen der Bäume begründet, die bei einem ausgedehnten Waldspaziergang eingeatmet werden. Terpene dienen den Bäumen zur Kommunikation und Feindabwehr. In Laborversuchen konnte er nachweisen, dass diese auch die menschliche Immunabwehr anregen. Dazu liess er die Probanden mit Terpenen angereicherte Luft einatmen und verglich die Anzahl der Killerzellen (Zellen des Immunsystems, welche kranke oder infizierten Körperzellen erkennen und zerstören) mit einer Vergleichsgruppe. Er stellte fest: nach einem Tag im Wald steigen die Killerzellen deutlich an.

Kritiker halten allerdings dagegen: In Studien sei es schwierig, psychologische und pharmakologische Effekte auseinanderzuhalten. Die nützlichen gesundheitlichen Effekte können auch an unserer Konditionierung auf «Spaziergänge durch den Wald» liegen, die fast immer positiv behaftet sind. Ob es nun aber lediglich glückliche Erinnerungen an Waldspaziergänge und Abenteuer in der Kindheit sind, die uns positiv stimmen, die reizarme Umgebung in einer sonst lauten und hektischen Welt oder Botenstoffe der Bäume, die unser Immunsystem ankurbeln. Unbestritten ist: der Wald tut uns gut! Gehen wir also los.

Wollen Sie wissen, was der Wald sonst noch kann? Auf unserer Webseite finden Sie viele spannende Fakten zu «Wald» und «Holz»:

Bilder: stuberholz, istockphoto.ch